Der mysteriöse Name steht für eine Residenz, die im Schutz der Wälder um das Schloss von Versailles als das versteckteste aller Anwesen der Republik gilt.

Ursprünglich war der Ort nur eine bescheidene Jagdhütte mit drei Zimmern, errichtet für den Grafen Philippe de Noailles, Gouverneur von Versailles und Jagdmeister des Königs. Ihm hatte König Ludwig XV. im April 1760 ein Grundstück „im Park von Versailles, hinter der Menagerie“ geschenkt.

Zwanzig Jahre später vergrößerte sein Sohn Philippe Louis de Noailles, Prinz de Poix, den Pavillon erheblich zu einem Wohngebäude und stattete den Hauptteil mit mehreren Nebengebäuden aus. Sein lichtdurchflutetes Ambiente trug dem Gebäude mutmaßlich den Namen „La Lanterne“ (Die Laterne) ein, denn dank seiner 36 Fenstertüren werden die Räume den ganzen Tag über von natürlichem Licht erhellt. Leider war dem Prinzen de Poix nicht viel Zeit in seinem Jadgschlösschen beschieden. Nachdem er 1789 zu Beginn der Französischen Revolution ausgewandert war, wurde La Lanterne 1794 als Staatsbesitz an Privatleute verkauft.

1818 gelang es König Ludwig XVIII., das Anwesen aus seinen eigenen Mitteln zurückzukaufen. Nach umfangreichen Bauarbeiten wurde die Residenz 1824 den Kronbesitztümern einverleibt. Es folgte eine lange Phase der Vermietung an verschiedene Persönlichkeiten des politischen Lebens und des Hochschulwesens, die meist in Militärakademien oder benachbarten landwirtschaftlichen Ausbildungsstätten tätig waren. 

In den 1880er Jahren wurde der Pavillon an Privatpersonen vermietet, zunächst an den mächtigen Bankier Baron Moritz von Hirsch, danach an den Amerikaner James Gordon Bennett, der an die ursprüngliche Bestimmung des Gebäudes anknüpfte und große Jagdgesellschaften organisierte. Ab dem Jahr 1920, unterstand La Lanterne dem Ministerium für öffentliche Bildung und Schöne Künste. 

Nach der deutschen Besatzung während des Zweiten Weltkriegs ließ sich der Ministerpräsident der Übergangsregierung, Félix Gouin, hier nieder. Im Rahmen einer groß angelegten Renovierung wurden Badezimmer und Zentralheizung eingebaut. Zwischen 1949 und 1957 erlebte La Lanterne prunkvolle Empfänge eines amerikanischen Mieters, des Botschafters David Bruce.

1959, auf Ersuchen von Staatspräsident Charles de Gaulle, erhielt der Pavillon eine neue Verwendung: Er wurde zum Zweitwohnsitz des Premierministers. Michel Debré, der damalige Amtsinhaber, hielt sich regelmäßig hier auf. Georges Pompidou, sein Nachfolger ab April 1962, stellte dem Minister für Kultur, André Malraux, dessen Wohnsitz in Boulogne von der Terrorgruppe OAS angegriffen worden war, La Lanterne zur Verfügung. Im April 1969, mit dem Rücktritt von Charles de Gaulle, fiel La Lanterne wieder den Premierministern zu. 

Erst 2007, auf Anfrage von Staatspräsident Nicolas Sarkozy, ging La Lanterne vom Premierminister auf den Präsidenten über. Dadurch wurde seine bis dato fast geheime Existenz öffentlich bekannt.

Heute ist der Pavillon La Lanterne der Zweitwohnsitz des französischen Staatspräsidenten, der sich dort ebenso wie im südfranzösischen Fort Brégançon in einem entspannenden, sicheren Rahmen aufhalten kann.

Weitere Amtsgebäude und Residenzen

Stand : 14 Dezember 2022